Recht auf Reparatur – darum ist es wichtig!

In Zeiten von Klimawandel und immensen Mengen von Elektroschrott wird der Ruf nach einem Recht auf Reparatur weltweit immer lauter. Viele Menschen wollen eine Veränderung: Weg von der Wegwerfgesellschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit. Das Reparieren von kaputten Geräten ist dabei ein wichtiger Aspekt. 

Inhalt

Warum wird so wenig repariert?

  1. Niedrige Preise
  2. Technologischer Fortschritt
  3. Umständliche und teure Reparaturen
  4. Monopolstrukturen der Hersteller

Was steckt hinter dem Recht auf Reparatur?

Warum ist ein Recht auf Reparatur wichtig?

Was wurde bis jetzt unternommen?

Warum wird so wenig repariert?

Wurde früher ein Produkt im Schnitt zwei- bis dreimal repariert, bevor es entsorgt wurde, ist das heute eher die Ausnahme als die Regel. Wir schmeißen lieber weg. Der riesige Berg an Elektroschrott wächst so Jahr für Jahr immer weiter. 2018 fielen z. B. allein in Deutschland rund 1,6 Mio. Tonnen Elektroschrott an! Ressourcenschonend sieht anders aus. Dabei könnte man viele defekte Geräte meist noch gut reparieren und so z. B. die Lebenszeit unserer Smartphones deutlich verlängern. Wieso passiert das also so selten? Sind wir einfach zu bequem, oder gibt es andere Gründe?

1. Niedrige Preise 

Viele elektronische Produkte werden heute zu teils sehr günstigen Preisen angeboten. Je nach Gerät und Art des Defekts ist ein Neukauf deshalb oftmals sogar billiger als eine Reparatur! Um Produkte günstig anbieten zu können, versucht der Hersteller die Produktionskosten so niedrig wie möglich zu halten. Laut dem Öko-Institut e. V. in Freiburg wird die Lebensdauer eines Produkts dazu oft bewusst kürzer gehalten, als es technisch möglich wäre. Oftmals geht ein Gerät dann bereits kurz nach Ablauf der Garantie bzw. Gewährleistung kaputt. Geht innerhalb der Frist etwas kaputt, ist es aufgrund der niedrigen Produktionskosten für den Hersteller meist günstiger direkt ein neues Produkt zur Verfügung zu stellen, als das alte zu reparieren.

2. Schneller technologischer Fortschritt

Auch der schnelle technologische Fortschritt verführt die Verbraucher zum zeitigen Neukauf. Wird doch so ständig der Wunsch nach etwas Neuem und Besserem getriggert. Teilweise machen diese schnellen technologischen Veränderungen einen Neukauf sogar unvermeidbar. Ein Beispiel hierfür ist u. a. der Wegfall des Kopfhöreranschlusses am Smartphone. Der Verbraucher ist so dazu gezwungen, sich einen Adapter zu besorgen, um seine alten Kopfhörer weiterbenutzen zu können. Wahrscheinlicher ist es aber, dass er sich einfach direkt neue, kabellose Kopfhörer kaufen wird.

3. Umständliche und teure Reparaturen

Der komplexe Aufbau vieler Produkte erschwert eine Reparatur oft unnötig. Von speziellen Schrauben bis hin zur extra starken Verklebung: Vieles könnte von Anfang an reparaturfreundlicher konzipiert sein. Zum Teil lassen sich Geräte sogar nicht mehr reparieren, ohne sie dabei dauerhaft beschädigen. Ein gutes Beispiel dafür sind die AirPods von Apple.

Ist die Reparatur eines Gerätes möglich, kann sie je nach Gerät und Defekt so teuer werden, dass sich bereits eher ein Neukauf lohnt. Viele Hersteller haben sich ein Reparatur-Monopol errichtet, indem allein sie über die Verteilung und die Preise der Ersatzteile bestimmen. Der fehlende Wettbewerb im Reparaturbereich treibt die Preise für eine Reparatur in die Höhe. Teilweise wird der Zugang zu Ersatzteilen vom Hersteller sogar ganz verwehrt, und bleibt allein Lizenzwerkstätten vorbehalten. Für unabhängige Werkstätten wird das Reparaturgeschäft so immer unattraktiver.

4. Monopolstrukturen der Hersteller

Ein gutes Beispiel für einen Hersteller, der sich ein solches Reparatur-Monopol errichtet hat, ist Apple. Apple stellt Originalersatzteile für iPhones, iPads etc. nur autorisierten Partnerwerkstätten zur Verfügung. Privatpersonen und unabhängigen Reparaturwerkstätten bleibt der Zugriff auf originale Apple-Ersatzteile somit verwehrt. Je nach Reparatur kann der Originalzustand eines Apple-Geräts somit häufig nicht mehr hergestellt werden, wie auch Tests von unabhängigen Reparateuren immer wieder gezeigt haben.

Und selbst wenn originale Apple-Ersatzteile verbaut werden, kann es durch die sogenannte Serialisierung von Bauteilen dauerhaft zu Einschränkungen kommen. Zumindest wenn man außerhalb des autorisierten Apple-Netzwerkes repariert oder reparieren lässt, und somit nicht über die entsprechende Software verfügt. In unserem Blogartikel haben wir dir aufgelistet, mit welchen Einschränkungen du bei welchem Modell rechnen musst.

Zwar startete Apple 2019 das Programm für unabhängige Reparaturanbieter und 2022 das Self Service-Reparatur-Programm. Doch auch diese Programme dienen eher der Image-Verbesserung von Apple als einer wirklichen Förderung des Wettbewerb auf dem Reparaturmarkt. Trotz der Programme erhält Apple nämlich sein Reparatur-Monopol aufrecht und bestimmt allein über die Verteilung von originalen Ersatzteilen und deren Preisen. Der bekannte Reparaturtechniker und Aktivist Louis Rossmann hat dazu einige Videos veröffentlicht.

Was steckt hinter dem Recht auf Reparatur?

Das Recht auf Reparatur ist ganz allgemein das Recht jeder Person, ein erworbenes Produkt selbst zu reparieren oder es reparieren zu lassen. Unter dem Begriff werden dabei Forderungen nach einem gesetzlichen Rahmen zusammengefasst, der die Reparatur eines Produkts einfacher und transparenter machen soll. Laut dem Diskussionspapier des deutschen Dachverbands Runder Tisch Reparatur e. V. basiert das Recht dabei auf drei wesentlichen Punkten:

1. Produktpolitik

Produkte sollen von Anfang an so gestaltet sein, dass sie leicht repariert werden können. Außerdem soll u. a. durch die Kennzeichnung ihrer Lebensdauer und Reparierbarkeit mehr Transparenz für den Verbraucher geschaffen werden.

2. Wahlrecht der Verbraucher

In einem Garantie- oder Gewährleistungsfall soll dem Verbraucher die Reparatur des defekten Produkts als eine Option angeboten werden. Er soll außerdem frei wählen können, von wem er das Produkt reparieren lassen möchte. Oder ob er das Produkt sogar selbst reparieren möchte.

3. Gleichstellung der Reparateure

Um die lokale Wirtschaft zu fördern und einer Monopolbildung entgegenzuwirken, sollen Eigenreparateure, Reparaturinitiativen, sowie unabhängige Reparaturwerkstätten den vom Hersteller autorisierten Reparaturwerkstätten gleichgestellt werden. Ähnlich wie in der Kfz-Branche soll der Hersteller dazu allen Parteien dieselben Ersatzteile, Werkzeuge, Software und Informationen zur Verfügung stellen. 

“Ein herstellerunabhängiges Recht auf Reparatur für alle muss sicherstellen, dass Verbraucher*innen selber entscheiden können, ob und unter welchen Bedingungen sie ein Produkt reparieren (lassen) möchten – unabhängig von den Interessen des Herstellers. Das würde bedeuten, dass alle Produkte reparierbar gestaltet sind, Verbraucher*innen und Reparateure Ersatzteile und Reparaturinformationen zu angemessenen Preisen erhalten und Software langfristig mit Sicherheitsupdates versorgt wird.”

Runder Tisch Reparatur e. V.

Warum ist ein Recht auf Reparatur wichtig?

Um unserer Wegwerfmentalität und den Monopolstrukturen großer Hersteller entgegenzuwirken, ist ein rechtlicher Rahmen nötig. Gerade deshalb ist ein Recht auf Reparatur mit klaren Vorgaben und Maßnahmen so wichtig! So setzt sich u. a. das europäische Bündnis Right to Repair für die europaweite Durchsetzung des Rechts ein.

Weil viele nicht mehr auf die Politik warten wollen, bis sich etwas verändert, entstehen aber auch auf lokaler Ebene seit einigen Jahren immer mehr Reparaturinitiativen, und Repair Cafés. In einem anderen Blogartikel haben wir dir zusammengefasst, wie du auch ohne Reparatur die Lebenszeit deines Smartphones verlängern, und so Elektroschrott vermeiden kannst.

Was wurde bis jetzt unternommen? 

Langsam aber sicher kommt das Thema Recht auf Reparatur auch in der Politik in Fahrt. Von der Länder- über die Bundesebene bis hin zu EU-Kommission und -Parlament wird das Thema diskutiert und Maßnahmen erarbeitet, die das Reparieren erleichtern sollen. Im Folgenden ein kleiner Abriss, was sich in den letzten Jahren in Deutschland und europaweit getan hat:

Dezember 2019European Green Deal
Mit dem European Green Deal verabschiedet die EU-Kommission ein Strategiepapier,
in dem u. a. die bessere Reparierbarkeit von Produkten gefordert ist. Allerdings werden keine konkreten Maßnahmen und Ziele zur Umsetzung erwähnt. Details sollen erst 2020 im Circular Economy Action Plan folgen.
März
2020
Circular Economy Action Plan
Das Recht auf Reparatur ist Bestandteil des Circular Economy Action Plan der Europäischen Kommission. Es werden bereits zahlreiche Punkte erwähnt, mit denen Produkte reparierbarer und nachhaltiger gestaltet werden können.

U. a. ist die Rede von einem digitalen Produktpass durch den Verbraucher bei allen elektronischen Geräten Informationen zum Lebenszyklus transparent nachvollziehen können. Konkrete Maßnahmen sollen im nächsten Jahr folgen.
Januar 2021Französischer Reparaturindex
In Frankreich tritt ein Reparaturindex in Kraft – vorerst nur für Smartphones, Fernseher, Laptops, Waschmaschinen und Rasenmäher. Die Hersteller werden damit verpflichtet die Reparierbarkeit ihrer Produkte auf einer Skala von 0-10 zu kennzeichnen. So können die Verbraucher verschiedene Produkte unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit miteinander vergleichen. Die Bundesumweltministerin Svenja Schulze lehnte dieses Konzept für Deutschland jedoch ab, da sie eher auf einheitliche Maßnahmen auf EU-Ebene setzt. 

In Anlehnung an den französischen Reparaturindex, haben wir Anfang des Jahres unsere Repair Review ins Leben gerufen, in der wir Smartphones anhand unabhängiger Bewertungskriterien nach ihrer Reparaturfreundlichkeit bewerten.

März
2021
Ökodesign-
Richtlinie 

Mit der neuen Ökodesign-Richtlinie dürfen Hersteller nur noch Produkte auf den Markt bringen, bei denen sie Ersatzteile und Anleitungen für mindestens 7-10 Jahre zur Verfügung stellen. Außerdem sollen die Produkte so designt sein, dass sie mit herkömmlichem Werkzeug repariert werden können. 

Die Richtlinie hat jedoch noch Verbesserungsbedarf: So werden z. B. kleine Elektrogeräte wie Smartphones, Laptops, Küchenmaschinen etc. von der Richtlinie gar nicht berücksichtigt. Der Zugang zu Ersatzteilen und Anleitungen ist nur für professionelle Reparaturdienste, nicht für Privatpersonen und Reparaturinitiativen vorgesehen. Außerdem enthält die Richtlinie keine Vorgaben für die Preispolitik der Ersatzteile, sodass Lizenzwerkstätten womöglich weiterhin einen Vorteil behalten. 


Juni
2021

Thüringer
Reparaturbonus

Mit dem Thüringer Reparaturbonus wurde am 15. Juni ein bundesweit einmaliges Projekt des Thüringer Umweltministeriums in Zusammenarbeit mit der Verbraucherzentrale ins Leben gerufen. Verbraucher sollen nach dem Ausfüllen eines Formulars bis zu 100 € zurückerstattet bekommen, wenn sie ihr Altgerät reparieren lassen.


Zusammengefasst fällt die Bilanz eher ernüchternd aus. Gerade auf Bundesebene hat sich hinsichtlich eines Rechts auf Reparatur noch nicht wirklich viel getan. Zwar stehen auf EU-Ebene bereits einige Maßnahmen in den Startlöchern, Abgesehen von der Ökodesign-Richtlinie wurde aber auch hier noch nichts Konkretes umgesetzt.

Das sich unabhängig von Brüssel bereits einiges national und lokal umsetzen lässt, beweisen u. a. Frankreich mit dem Reparaturindex, Schweden mit der Senkung der Mehrwertsteuer auf Reparaturdienste, und Österreich, so wie Thüringen mit einem Reparaturbonus-System

In Deutschland bleibt noch abzuwarten welche Veränderungen mit der nächsten Regierung kommen werden. Auf der Seite des Runder Tisch Reparatur e.V. könnt ihr euch bereits einen Überblick darüber verschaffen, wie sich die einzelnen Parteien in ihrem Wahlprogramm zum Recht auf Reparatur positionieren.