Du bist im Urlaub und liegst am Strand. Die Sonne brennt dir ins Gesicht, deshalb suchst du nach Abkühlung im Wasser. Leider hast du nicht daran gedacht, dein Handy aus der Tasche zu nehmen und nun machst du Erfahrung mit einem Wasserschaden. Wir zeigen dir, wie du einen Wasserschaden identifizierst und was du machen kannst, damit dein Gerät vielleicht gerettet werden kann.
Außerdem haben wir eine Anleitung, wie du deine gewässerte Platine säubern kannst, um den Schaden etwas hinauszuzögern.
So erkennst du einen Wasserschaden am Smartphone
Es ist natürlich nicht immer das Meer, in dem ein Smartphone gewässert wird. Oft sind es weniger schöne Momente: Das Handy fällt in die Toilette oder in eine Pfütze oder wird Opfer von verschütteten Getränken. Das Ergebnis ist jedoch immer dasselbe: Plötzlich hast du mit einem Wasserschaden zu kämpfen. Doch wenn es nur etwas Wasser war oder du ein gebrauchtes Handy kaufst und einen Checkup machen möchtest – wie kannst du überhaupt erkennen, ob das Smartphone schon mal baden war und dabei Wasser ins Gerät gedrungen ist?
Wasserindikatoren
In Smartphones sind kleine Aufkleber angebracht, die sich bei Kontakt mit Feuchtigkeit verfärben. Wenn du dein Gerät öffnest und nach diesen Wasserindikatoren Ausschau hälst, kannst du also ganz leicht feststellen, ob das Gerät schon einmal zu feucht geworden ist. Ist etwas mehr Wasser eingetreten, siehst du außerdem Wasserflecken an den Bauteilen.
Displayschaden
Die ganz harten Fälle musst du nicht einmal öffnen, um einen Wasserschaden wahrzunehmen: Das Display streikt dann nämlich und hat eine verwaschene Darstellung.
Erste Schritte zur Rettung deines Wasser-Handys
“Don’t Panic!” lauten die ersten Worte in Douglas Adams‘ Sci-Fi Roman “Per Anhalter durch die Galaxis”. Und genau das solltest du auch nicht. Dein Gerät ist schon im Wasser gewesen, der Schaden ist bereits vorhanden. Wir zeigen dir, mit welchen Schritten du den Wasserschaden so klein wie möglich halten kannst. Lasse dir bei den folgenden Schritten nicht zu viel Zeit.
Stromversorgung kappen
Nimm dein Smartphone schnellstmöglich vom Strom! Das heißt zum einen natürlich, das Ladekabel zu entfernen. Du solltest aber auch die Stromzufuhr zum Akku entfernen. Schalte das Gerät also aus und entferne sobald wie möglich den Akku. Wenn dieser verbaut ist, besorge dir das passende Werkzeug, öffne dein Gerät und löse den Akkukontakt. Wenn du nicht weisst, welches Werkzeug du benötigst oder wie dein Gerät zu öffnen ist, schaue dich in unseren Anleitungen um. Ab jetzt kannst du durchatmen, denn der wichtigste Schritt ist geschafft.
Welche Auswirkungen hat das Wasser?
Das in dein Smartphone eingetretene Wasser führt im ersten Moment des Eintritts in das Gerät zu Kurzschlüssen. Durch diese Schlüsse wird der Strom nicht auf den vorgegebenen Bahnen geführt. Es kann dadurch zu Beschädigungen von Bauteilen, Platine und Akku kommen. Meist wird der Akku komplett entladen und / oder dessen Schutzschaltung aktiviert.
Das Wasser, welches uns im Alltag umgibt, ist in der Regel nicht rein. Natürlich ist es nicht giftig. Aber gewöhnliches Trinkwasser, Meerwasser oder Wasser in Getränken enthält immer Zusätze wie Mineralien oder Schwebeteilchen. Reines Wasser enthält keine Mineralien, Säuren oder Basen, kommt in der Natur aber gar nicht vor. Und durch diese Zusätze wird das Wasser erst leitend. Sie sind sogenannte Ladungsträger.
Die Leitfähigkeit des “unreinen” Wassers und die enthaltenden Mineralien führen im Zusammenhang mit dem fließenden Strom zu einem weiteren Problem.
Elektrolyse
Die Elektrolyse ist ein elektrochemischer Prozess, der dazu führt dass die positiv bzw. negativ geladenen Ionen (aus Mineralien, Säuren, Basen) im Wasser zum jeweils entgegengesetzt geladenen Pol (Anode bzw. Kathode) wandern. Die Pole bilden dabei ungewollt die Anschlüsse der Bauteile, die Pins der Steckkontakte oder die freiliegenden Messpunkte und Leiterbahnen auf der Platine.
Was man bei näherer Betrachtung auf der Platine jetzt sieht, sind grünlich-weiße Ablagerungen (Grünspan) an den Bauteilen, schwarz-rostbraune oder schon stark zersetzte Bauteilanschlüsse und rostende Schrauben und Bleche.
Weitere Schritte
Dein nächster Schritt: Trockne dein Gerät. Aber wie? Nicht im Backofen oder in der prallen Sonne, nicht mit Reis in einer Tüte und auf gar keinen Fall in der Mikrowelle! Der Backofen ist nicht allzu genau regelbar und darüber hinaus ist es unhygienisch. In der Sonne sind die Temperaturverhältnisse noch schlechter einzuschätzen. Der Reis entzieht der Luft, entgegen unzähliger Einträge im Netz, keine Feuchtigkeit und mit einer geschlossenen Kunststofftüte hältst du die Feuchtigkeit sogar besonders gut in deinem Smartphone.
Es empfiehlt sich das Gerät zu öffnen, damit die Feuchtigkeit / das Wasser besser entweichen kann. Sollte dir das nicht möglich sein, ist das aber kein Hindernis. Lasse dein Gerät an einem warmen, trockenen Platz trocknen, mindestens 24 Stunden. Die Luft sollte sich gut verteilen können, damit die Feuchtigkeit auch abtransportiert werden kann. Drehe dein Smartphone ab und zu um, damit die Feuchtigkeit aus jedem Teil des Gerätes entweichen kann.
Langzeitschäden
Das Wasser führt über die anfangs besprochenen Schäden hinaus zu Korrosion der metallischen Teile im Gerät. Sowohl Gehäuse und Schrauben, als auch Platine und Bauteile werden angegriffen. Wie der Rost an den Blechen von Autos, ist die Oxidation nur aufzuhalten, wenn man die verrosteten Teile vollkommen ersetzt. Leider hast du die Möglichkeit bei einer Platine nicht. Der Vorgang lässt sich bei einer Platine nicht aufhalten, da man sie nicht ersetzen kann. Dennoch kann diese Reaktion verlangsamt werden.
Für Profis: Reinigung der Platine mit Ultraschall
Bevor die Reinigung der Hauptplatine beginnen kann, muss diese zuerst ausgebaut werden. Unsere Anleitungen zeigen dir Schritt für Schritt, wie du die Platine ausbauen kannst. Für die Reinigung benötigst du die folgenden Utensilien:
- Heißluft mit großer Düse, 500°C
- Pinzette
- Platinenhalter
- Aluminiumklebeband
- Ultraschallbad mit Korb, je 100W Ultraschallleistung und Wärmeleistung, Bsp. EMAG Emmi 12 HC
- Reinigungsflüssigkeit, Bsp. EM303
- Destilliertes Wasser
- Reiner Alkohol, Isopropanol >96%
- Messbecher
- Zwei kleine Wannen
- Pinsel und / oder Bürste
- Stofftuch oder Haushaltstücher
- Druckluft
Vorbereitungen
Nachdem du die Hauptplatine entfernt hast, musst du diese evtl. für die Reinigung vorbereiten:
- Entferne alle Schutzfolien, Schaum und Etiketten.
- Löse alle Antennenleitungen und sonstige Steckteile.
- Entferne die metallischen Abschirmhauben von der Platine.
Die Hauben schirmen Signale von der Platine bzw. von Außen ab. Leider sind diese funktionsbedingt nicht luft- und wasserdicht. Dadurch kann sich eingetretene Flüssigkeit darunter sammeln. Gelegentlich sind die Hauben nur aufgesteckt und können mit einer Pinzette abgezogen oder abgehebelt werden. Oft sind die Abschirmhauben mit der Platine verlötet.
An dieser Stelle kommt die Heißluft zum Einsatz. Spanne deine Platine in den Platinenhalter ein. Schütze Kunststoffteile bei Bedarf mit dem Aluminiumklebeband. Stelle dein Heißluftgerät auf maximalen Luftstrom und maximale Temperatur. Führe die Heißluft mit der Düse über die Abschirmhaube, die du entfernen willst. Nutze die Pinzette, um mit wenig Kraft an der Haube zu ziehen.
Das entscheidende ist hier die Temperatur. Erwärme die Platine gleichmäßig und ganzflächig. Durch die starke Erwärmung dehnt sich das Metall der Haube aus. Wenn sich die ersten Lötstellen verflüssigen, hörst du anhand eines leichten Knacken, dass sich die Haube entspannt. Abhängig von der Haubengröße sollte sich diese jetzt schrittweise bzw. ganz abheben lassen.
Das Ultraschallbad
Die Reinigung im Ultraschallbad hat einen großen Vorteil. Der Ultraschall bzw. der Effekt der Kavitation erzielt auch eine Reinigung unter den Bauteilen. Die auf den Platinen verwendeten BGA-Bauteile (BGA = Ball Grid Array) sind von unten verlötet, die Lötstellen sitzen zwischen Bauteil und Platine. Mit einem Pinsel gelangt man da nicht zwischen, Ultraschall jedoch schon.
Die Ultraschallwellen versetzen das im Bad enthaltene destillierte Wasser in Schwingung. Kleine Bläschen entstehen genau dort, wo sich Verunreinigungen befinden. Die Bläschen implodieren und erzeugen dabei einen sehr hohen Druck von mehreren 100 MPa (= 1000 Bar). Dieser Druck wiederum löst die Schmutzpartikel. Das Ganze passiert auch unter den Bauteilen und zwischen den vielen Lötpunkten, sofern dort auch die Reinigungsflüssigkeit hingelangt.
So gehst du zur Reinigung der Platine vor
Ultraschallbehandlung mit Reinigungsflüssigkeit
Die Platine ist vorbereitet und du kannst mit der Reinigung beginnen. Stelle das Ultraschallbad bereit und setze die Reinigungslösung aus destilliertem Wasser (frei von Mineralien) und der Reinigungsflüssigkeit auf. Das Mischungsverhältnis entnimmst du der Packungsbeilage des Reinigers. Befülle das Ultraschallbad mit der Lösung und erwärme diese dann auf ca. 60°C.
Sobald die Flüssigkeit die gewünschte Temperatur erreicht hat, kann die Platine in den Korb gelegt und der Korb in das Bad eingehangen werden. Die Platine soll dabei mit einer Seite Flach im Korb liegen. Stelle die Zeit für die Ultraschallbehandlung auf 10 Minuten. Ist die Zeit abgelaufen, wende die Platine und behandle sie weitere 10 Minuten.
Zusätzliche Reinigung im Wasserbad
Während die Platine im Ultraschallbad gereinigt wird, kannst du dir eine Wanne nehmen und diese soweit mit destilliertem Wasser befüllen, dass die Platine komplett vom Wasser bedeckt sein wird. Nach der Ultraschallbehandlung spülst du deine Platine in diesem Bad durch und kannst groben Schmutz zusätzlich mit dem Pinsel abbürsten. Das destillierte Wasser nimmt die Verunreinigungen auf, fügt jedoch keine weiteren hinzu.
Reiner Alkohol zum Verdrängen des Wassers
Dann folgt ein weiterer Reinigungsschritt mit Alkohol. Isopropanol hat die Eigenschaft, Wasser zu verdrängen bzw. dieses mit zu verdunsten. So kannst du gleichzeitig das destillierte Wasser aus dem vorherigen Schritt komplett entfernen. Den Alkohol trägst du am besten mit dem Pinsel auf und bürstest auch hier noch einmal.
Druckluft
Jetzt solltest du dein Gerät mit Druckluft gründlich, aber vorsichtig von Restflüssigkeit befreien. Danach legst du die Platine eine Weile zum Trocken an einen warmen Platz. Wende auch hier wieder ab und zu die Platine.
Ergebnis
Du solltest den Reinigungseffekt (Abb. 5) schon mit dem bloßen Auge erkennen können. Es sollten sich keine Ablagerungen mehr auf der Platine befinden und der Großteil der Bauteile, Lötstellen und metallischen Flächen sollte im neuen Glanz erstrahlen.
Spannung
Nachdem die Platine mit besten Wissen und Gewissen gereinigt und getrocknet ist, kannst du den ersten Versuch starten. Setze die Platine provisorisch in dein Gerät ein. Schließe dabei nur die wichtigsten Elemente an:
- Display mit Touch- und LCD-Connector
- Power / Standby-Button
- USB-Buchse / Lightning-Connector
- Akku (am besten einen neuen)
Sollte dein Gerät jetzt schon warm oder sogar heiß werden, befindet sich noch ein Kurzschluss auf der Platine. Wenn nicht, versuche einen Startvorgang. Mit etwas Glück kannst du gleich wieder auf deine Daten zugreifen.
Ist der Versuch erfolgreich, kannst du dein Smartphone wieder zusammensetzen: Bringe die Abschirmhauben wieder an der Platine an, setze das gesamte Gerät mit allen Antennenleitungen, Schutzfolien und Elementen zusammen und teste alle Funktionen durch:
- Displayhelligkeit und Ausleuchtung
- Touchfunktion
- Power / Standby-Button
- Sensortasten / Home-Button
- Lautstärkewippe, Stummschalter
- Mobilfunk, WLAN, Bluetooth
- Ladebuchse, Synchronisation mit dem PC / MAC
- Hörmuschel, Lautsprecher, Kopfhörer
- Sprach- und Umgebungsmikrofon
- GPS, Kompass
Funktioniert alles, hast du Glück gehabt und kannst dein Gerät noch eine Weile nutzen. Denke aber immer daran: Der Schaden ist vorhanden und trotz der Reinigung arbeitet die Oxidation weiter. Du hast den Vorgang nicht komplett gestoppt, sondern nur (deutlich) verlangsamt. Mit der Zeit können Funktionen oder auch das Smartphone selbst ausfallen.